Geheimes Tagebuch von Kaiser Wilhelm I.

Das Tagebuch von Kaiser Wilhelm I. ist eine der am […]

Diese Seite wurde am 15. Mai 2021 aktualisiert.

Geheimes Tagebuch von Kaiser Wilhelm I.

Bei Restaurationsarbeiten das Rathauses in Waldesruh fanden die Gemeindearbeiter das geheime Tagebuch von Kaiser WIlhelm I.Das Tagebuch von Kaiser Wilhelm I. ist eine der am meisten beachteten Sehenswürdigkeiten in Waldesruh. Der Waldesruher Tagesbote veröffentlichte als erste Zeitung am 16.09.2013 die Meldung über den überraschenden Fund, der auch international für einiges Aufsehen sorgte.

Der Kaiser war schon vor seinem Amtsantritt als erster deutscher Kaiser im Jahre 1863 zu Gast in Waldesruh. Weil ihm die Gesellschaft und die Art der Waldesruher Einwohner so sehr gefiel, weilte er des öfteren hier und bedachte den Ort großzügig mit Geschenken. Diese bilden auch heute noch die Basis des gesunden Haushaltes des Ortes.

Zur Zeit wird das Tagebuch noch unter hoher Sicherheit im Rathaus des Ortes der Öffentlichkeit gezeigt.

 

 

Der Wiederfund des Tagebuchs

Im Keller des alten historischen Rathauses in Waldesruh fand man im Jahre 2013 hinter allerlei Gerümpel eine schwere Holztruhe, welche einen wahren Schatz enthielt – ein geheimes Tagebuch von Kaiser Wilhelm I.!

Weil ihm die Gesellschaft und die Art der Waldesruher Einwohner so sehr gefiel, weilte er desöfteren hier und bedachte den Ort großzügig mit Geschenken. Diese bilden auch heute noch die Basis des gesunden Haushaltes des Ortes.

Während seiner vielen Besuche und Jagdaufenthalte schrieb er wahrscheinlich ein Tagebuch über seine Erlebnisse. Nach seinem Tode gelangte dieses Buch mit einigen weiteren seiner Habseligkeiten in Vergessenheit. Der Fund ist nicht nur eine weitere überregional bedeutsame Sehenswürdigkeit, sondern wird auch dazu führen, die Geschichte und die Stellung des Ortes in einem etwas anderen Lichte zu sehen.

Echtheit wurde bestätigt

Wissenschaftler aus Berlin überprüften die Echtheit des Dokumentes. Das kürzlich aufgefundene Tagebuch des Kaiser Wilhelm ist laut Aussagen der zur Überprüfung hinzugezogenen Forscher aus Berlin echt! Diese überraschende Aussage wurde am 23.09.2013 nur wenige Tage nach dem Wiederfund auf einer Pressekonferenz des Ortes Waldesruh der Öffentlichkeit präsentiert.

Egon Schulze, der Ortsvorsteher von Waldesruh, zeigte sich höchst erfreut über dieses Ergebnis. „Mit diesem aufgefundenen Dokument wird in die Geschichte unserer Heimat wieder etwas mehr Licht gebracht. Kaiser Wilhelm weilte öfters und gern in Waldesruh. Noch heute baut sich unser bescheidener Wohlstand und unser ausgeglichener Haushalt auf die Zuwendungen des Kaisers auf. Zwar wird mehr und mehr für Waldesruh vorausschauendes und verantwortliches Handeln wichtig – aber die Grundlage hat mehr oder weniger Wilhelm gelegt!“

Das Tagebuch wird neben den anderen mit aufgefunden Sachen einen würdigen Ausstellungsplatz in unserem Ort erhalten. „Wir werden uns jetzt erst einmal zusammensetzen müssen, um zu überlegen, wie wir diesen Schatz optimal und sicher der Öffentlichkeit präsentieren können“ – so Schulze gegenüber einer großen anwesenden Tageszeitung.

Teil I – 1863, Hubertustag am 03. November

Zur heute stattfindenden Hubertusjagd haben meine diesjährigen Gastgeber in den Nordharz eingeladen. In aller Frühe sind wir mit dem Tross aus Berlin angereist. Das Wetter ist wahrlich kaiserlich – genau wie für eine Jagd geschaffen. Los geht es mit Hunden und Pferd quer durch den Wald. Von vorn links fällt schon ein erster Schuss. Ich habe noch kein Wild vor meinem Lauf bekommen.

Mittags gab es standesgemäss Erbsensuppe, die der Koch meiner Gastgeber über einen grossen Kessel am Rastplatz zubereitete. Nach entsprechender Stärkung ging es weiter. Meine Strecke war bis dato schon sehr ansehnlich – drei Sauen, zwei Rehe und vier Füchse. Leider noch keinen Hirsch!

Bei der Überquerung eines Bachlaufes fing mein Pferd an zu lahmen. Mein Tross bekam dieses aber nicht mit, so dass ich weit hinter der Jagd zurück fiel. Leider ging es mit dem Pferd dann nicht mehr. Glücklicherweise kamen zu dem Zeitpunkt zwei einfache Waldarbeiter des Weges. Ohne mich als Wilhelm zu erkennen, boten sie mir gleich ihre Hilfe an. Dabei waren sie sehr einfach, aber immer freundlich. Sie hätten im Dorf zwar keinen Hufschmied, aber der Bauer Heinrich kenne sich aus. also liefen wir zu Fusse in den Ort, der Waldesruh genannt wurde.

Selbst im Ort erkannte mich keiner. Da das Beschlagen meines Rosses etwas länger dauerte und ich von meinem Tross getrennt war, bot man mir im Gasthaus ein warmes Mahl an, welches ich dankend annahm.

Von meiner Begleitung aus Berlin fehlte jede Spur, ob mein Wegbleiben schon aufgefallen war? Da es mittlerweile dunkel ward, entschied ich im Gasthaus zu übernachten, was auch kein Problem für den Wirt war.

Diese einfachen Leute hier machen einen freundlichen Eindruck und sind sehr hilfsbereit. Irgendwie ist mir der ganze Ort sehr sympatisch.

Teil II – 1863, nach dem Hubertustag am 04. November

In aller Frühe weckte mich der Hahn des Wirtes mit einem lauten Krähen. Trotz der frühen Stunde fühlte ich mich ausgeruht. Die Wirtin kredenzte mir ein einfaches, aber ausreichendes Frühstück. Während ich die einfachen landestypischen Zutaten mit einem wahren Genuss verspeiste, hörte ich von draussen vom Hofe Tumult aufkommen. Genau in dem Moment stand mein Leibdiener in der Gaststube, gefolgt vom Bürgermeister. Beide waren ratlos und aufgeregt und wollten das Missverständnis und die nicht standesgemäße Behandlung entschuldigen. Aber ich winkte nur ab, mir ging es gut und ich fühlte mich wohl.

Nachdem ich nun mein Frühstück beendet hatte, besichtigte ich mein Pferd, welches ebenfalls sehr gut versorgt wurde. Und der Bauer hatte eine gute Arbeit abgeliefert. Ihn, dem Wirt und dem Bürgermeister gab ich für ihre Mühen ein paar Taler und fragte noch nach einem ortskundigen Jäger. Ich wurde an dem Förster Grünrock verwiesen, welcher schon seit Jahren für den Landesfürsten hier den Dienst versehe.

Förster Grünrock erwies sich ebenfalls als hilfsbereiter und viel wissender Mann. Ohne Umschweife erklärte er sich für den heutigen Tag bereit, mich auf meiner Pirsch zu begleiten. Mein Leibdiener sollte in der Zwischenzeit meinen Tross in den Ort holen. Dieser hatte eine halbe Tagesreise weiter in einem Schloss genächtigt, nachdem mein Verschwinden aufgefallen war.

Der Förster zeigte mir die Umgebung des Ortes. Eine herrliche Landschaft! An den Fährten und Geläufen auf dem Boden sah ich schon, welcher Wildreichtum diesem schönem Ecken Erde inne wohnte. Auch ein junger 16-ender kam mir vor die Augen. Leider war er zu schnell wieder weg, als dass ich ihn mit einem waidgerechtem Blattschuss strecken konnte. So verging auch dieser Tag ohne einen Hirsch zur Strecke zu bringen.

Mittlerweile war auch mein Troß in Waldesruh eingetroffen. Da es schon dämmerte und ich wieder in Berlin erwartet würde, machten wir uns sogleich auf den Rückweg. Nicht ohne noch einmal den Bewohnern dieses Örtchens meinen Dank auszusprechen. Der Bürgermeister lud mich untertänigst noch ein, den Ort zu besuchen, falls ich wieder in der Nähe sein sollte.

Teil III – 1863, nach Weihnachten am 27. December

Die gesellschaftlichen Verpflichtungen am preussischen Hof waren ermüdend und lästig. Dieses oberflächliche Gerede und die Intrigen rauben mir eine Menge Kraft. Was bin ich froh, jetzt einige Tage wieder an diesem wunderbaren Flecken Waldesruhe zu sein.

Zwar wissen die Menschen hier mittlerweile wer ich bin, jedoch begegnen sie mir mit einer nie dagewesenen Unvoreingenommenheit. Für den Aussenstehenden mag es scheinen, als ob ich einer von ihnen bin. Hier bin ich Mensch, hier darf ich es sein – mag mein Herz hier jubelieren.

Ich weile jetzt das dritte Mal an diesem gottgegebenen schönen Stück Erde. Aber mir kommt es vor, als ob ich es schon mein Leben lang kenne. Ich freue mich richtig darauf, wenn ich mich hier vom Tagesgeschäft in Berlin erholen kann. Sicher gibt es hier keinen Luxus wie ich es gewohnt bin, jedoch tut mir dieser Mangel richtig gut.

Für heute nachmittag bin ich mit dem Förster verabredet, welcher mir das Gebiet um die Rabenklippen zeigen will. Mein Gewehr werde ich aber im Gasthaus lassen, ich möchte erst einmal die Gegend und die Ruhe hier geniessen.

Meine Adjustans habe ich angewiesen, mir keine Meldungen aus Berlin zukommen zu lassen. Sowieso wissen nur einige gut Vertraute um meinen Aufenthaltsort.

Teil IV – 1864, Anfang des Märtzes

Endlich ist der lange, kalte und graue Winter wieder vorbei. Wie mich dieses Wetter immer depressioniert! Umso mehr bin ich darüber erfreut wieder hier an meinem Ort zu sein, wo ich glücklich sein darf.

Passend dazu ist das Wetter geradzu kaiserlich! Da fällt es mir nicht schwer die Geschäfte der Regierung einmal liegen zu lassen. Der Zwist mit den Franzen nervt mich einfach nur! Wie schön wäre es, wenn man nur zufrieden zusammenleben könnte.

Gestern abend hier im Waldesruh angekommen, bezog ich mein Zimmer beim Bärenwirt. Dieser überraschte mich wieder einmal mit einem vorzüglichen Essen zu Abend! Ich hatte ihn auch schon einmal angesprochen, ob er nicht bei mir in Berlin Hofkoch werden möchte. Leider hat er diese Stelle abgelehnt. Ich bin ihm aber nicht im mindestens darüber böse. Vielmehr kann ich ihn sehr gut verstehen. Die Leute hier leben zwar sehr einfach, aber sie sind glücklich!

Und dazu diese herrliche Natur. Förster Grünrock will mir morgen wieder einmal ein paar unzugängliche Stellen zeigen. Ausserdem hat er ein kleines Rotwildkälbchen schon dieses Jahr gefunden und zieht es in seiner Scheune auf. Das ist ein herzallerliebstes Tier, vielleicht bekomme ich es als Geschenk für meinen Berliner Wildpark.

Teil V – 1864, im Mai

herrlich wieder hier in meinem Waldesruh zu sein. Diese Frühlingsluft! Diese ist ganz anders als der Mief in Berlin. Jedes Mal, wenn ich in diesen zauberhafte Flecken komme, merke ich, wie mir die Last des Regierens abfällt.

Dieses Örtchen soll so bleiben wie es ist! Mit der ganzen Zeit, wo ich schon hier weile, würd mir das immer mehr bewusst. Ich werde dem Ortschaftsrat jährlich ein größeres Sümmchen Goldtaler zur Verfügung stellen. Aber unter der Maßgabe, dass dieses Geld nur im Interesse des hier lebenden freundlichen Volkes verwandt werden darf.

Der Bärenwirt hat mir auch mittlerweile mein festes Zimmer gegeben. Es ist zwar nicht so gross wie daheim in Berlin, jedoch trotz seiner Einfachheit sehr gemütlich. Auch meine feste Adjustanz hat hier während meines Aufenthaltes eine feste Bleibe. Jedoch merke ich schon, dass der Einfluss der Moderne auch hier in Waldesruh zunimmt. Aber bei der Art dieser Leute bin ich mir sicher, dass diese das beste daraus machen werden.

Heute in der Frühe hat mir der Förster Grünrock auch einen kapitalen Vierundzwanziger gezeigt. Ein herrliches Tier! Lebend gefällt es mir noch besser als wenn es als Trophäe an meiner Wand hinge. Ich hoffe, ich kann ihn noch mehrmals beobachten.

Teil VI – 1864, Ende Septembers

Ich darf wieder einmal hier bei meinen lieben Waldesruhern sein! Wie habe ich sie vermisst! Ganz anders als diese intriganten Hofschranzen in Berlin. Das Wetter ist herrlich und gleich bei der Ankunft hier an diesem wunderherrlichem Orte bereitete mir der Bärenwirt mit seinen Waldesruhern Speckknödeln ein herrliches Erlebnis.

Förster Grünrock will mir die Brunftplätze der starken Hirsche zeigen, deshalb treffe ich ihn hier im Wirtshaus und wir gehen in der Dämmerung raus hinauf zum Hirschkopf. Schon vom weitem höre ich das tiefe Röhren eines Hirsches. Es muss ein ganzer kapitaler Bursche sein!

Je naher wir dem Hirschkopfe kommen umso mehr höre ich von allen Seiten ein Röhren und Schnauben. Es müssen diese Nacht wohl an die zehn Hirschen sein. Am Hirschkopf besteigen wir eine vom Förster gebaute Kanzel direkt am Rande der Hirschkopfwiesen und es dauert gar nciht lange, da betritt eine Gruppe von Kahlwild die Weise. Gefolgt von einem kapitalen 24er. Ein staatliches Tier. Der Förster deutet auf die andere Seite der Wiesen zum Wald hin.

Dort im Mondlichte erkenne ich einen weiteren Hirsch – fast schwarz  mit dicker Brunftmähne. Zielstrebig nimmt er Witterung auf und zieht dem Rudel entgegen. Mitten in der Wiesen stoppt er plötzlich. Förster Grünrock bedeutet mir, dass dieses wohl die Grenze seines Revieres sein würde. Hier rennt der Hirsch nun auf und ab und versucht das Kahlwild zu beeindrucken . Immer wieder lässt er seine Rufe ertönen und der 24er hat Mühe die Weibchen bei sich zu halten.

Die Tiere wechseln eines nach den anderen über die unsichtbare Grenze hinüber zu dem Schwarzen. Der 24er versucht zwar mit seinen Körper die Tiere zurück zuhalten, jedoch gelingt ihm das nicht. ganz am Ende steht er nun allein auf der Wiese im Mondlicht, während der Schwarze scheinbar mit seinem Erfolg zufrieden ist und mit den Tieren im Wald verschwindet.

Auch wenn diesmal wieder mein Jagdgewehr im Wirtshaus geblieben ist, so war doch dieses Erlebnis eines der reinsten und unverfälschtesten, welches Gott mich erleben lassen wollte. Dieses gibt mir wieder die dringend nötige Kraft um den Regierungsgeschäften in Berlin nachzugehen. Wie danke ich meinen Waldesruhern nur …

Teil VII – 1864, Mitte December

so kurz vor dem heiligen Weihnachtsfeste habe ich noch einmal Musse gefunden um mein geliebtes Waldesruh zu besuchen. Und ich wurde wieder einmal nicht enttäuscht.

Mein Leibdiener kündigte dem Bärenwirt meine Ankunft an. Sie müssen wohl Wachen aufgestellt haben, denn als ich einritt, konnte ich schon den leckeren Geruch seiner Waldesruher Speckknödel merken.

Diese Einfachheit hier im Ort und diese Ruhe sind nicht mit Gold aufzuwiegen. Hier kann ich einfach sitzen und Tee trinken und herrliche Zeiten verbringen.

In der Frühe bin ich mit Förster Grünrock zur Pirsch und habe uns allen eine Sau geschossen. Der Bärenwirt will diese am Spiess braten. Das wird wieder ein Fest für den ganzen Ort.

Der Krieg mit den Dänen ist gottlob vorbei. Der Einfluss der deutschen Länder in Schleswig und Holstein ist dank unseres Sieges gestiegen. Die Dänen haben nun nichts mehr zu melden dort.

Im Deutschen Bunde will nun aber Österreich mehr Macht haben, das geht zu Lasten meines Preussens. Wie soll da die deutsche Einigung gelingen. Bismarck wird es schon richten, er ist ein schlauer Fuchs. Obwohl er mich Popularität beim Volke kostet.

Die Waldesruher hier, die kennen keine Grenzen. Zwar gehören sie zu Anhalt, aber pflegen einen regen Austausch mit den Nachbarn in Preussen und auch den Braunschweigern. Sie leben ihr Leben und gehen ihrer Arbeit nach, fleissige Leute.

Ich muss jetzt enden, die Pflicht und das Weihnachtsfest ruft mich nach Berlin.

Teil VIII – 1865, Mitte April

Es ist so herrlich wieder hier in meinem Waldesruh zu sein! Die gute Luft und der Wald tun gut und es ist eine gute Gelegenheit den Kopf freizubekommen von den Geschäften in Berlin.

Leopold von Anhalt versteht es vortrefflich in seinem kleinen Lande zu wirtschaften. Er ist mir ein treuer Bundesgenosse und auch gut zu seinen Leuten. Auch die Waldesruher wissen nur Gutes über ihn zu erzählen.

Könnte ich das doch auch von den Österreichern sagen! Jetzt haben wir endlich Frieden mit den Dänen, fängt nun Franz-Joseph an zu streiten.  So kann die deutsche Einheit des Vaterlandes nicht gelingen. Bismarck soll endlich auf den Tisch hauen und Nägel mit Köpfen machen.

Egal, der Regierungsalltag in Preussen ist weit weg. Hier bin ich Mensch, hier darf ich es sein. Ich liege unter dieser herrlichen alten starken Eiche und schaue den Wolken zu, wie diese am Himmel entlangziehen. Ich höre den Specht im Baum klopfen und das Singen der Vogel und geigen der Zikaden macht mich schläfrig. Von ferne krächzt ein Kolkrabe und die Eichelhäher zetern in den Baumkronen.

Gestern war ich mit dem Förster auf Pirsch und wir konnten einen kapitalen Bock schiessen. Auch haben wir viele Sauen gesehen. Der Förster präpariert mir das Gehörn vom Bock und ich werde es in mein Schreibzimmer hängen, Immer wenn ich dann darauf schaue, soll es mich an diesen wundervollen Ort erinnern.

Heute abend geht es auf den Festplatz, die Waldesruher machen Tanzmusik und ich bin mit eingeladen. Für den Bärenwirt haben sie extra ein Schwein geschlachtet deswegen. Das wird ein lustiges Fest heute abend!

Mit Grauen denke ich nur schon wieder an die Geschäfte in Berlin.

Teil IX – 1866, im Oktober

Endlich! Der Bruderkrieg im deutschen Lande ist vorbei. Preussen hat gesiegt, die Österreicher sind geschlagen und wir haben wieder Frieden. Viel zu viel Blut wurde vergossen ehe es endlich zum Frieden kam. Über die Ursachen und das Ende dieses Krieges werden sicherlich die Geschichtsschreiber in späteren Jahren diskutieren.

Hier im friedlichen Waldesruh gehen die Uhren wie ehedem langsamer. Hier kann ich mich wie immer abseits der großen Politik und der Regierungsgeschäfte erholen.

Es ist Brunftzeit und die Hirsche kämpfen um ihre Weibchen. Bei dem Anblick, den die Tiere jetzt bieten, schlägt mein Jägerherz höher. Gestern nach meiner Ankunft war ich bereits oben auf dem Hirschkopf und habe die Aussichten hier sehr genossen. In aller Frühe bin ich heute auch schon wieder mit Förster Grünrock im Revier unterwegs gewesen. Die alten bekannten Hirsche sind noch alle da und Leopold hat einen für mich zum Abschuss gegeben.

Aber es ist nicht so sehr das Schiessen, was mich hier umtreibt. In der Schorfheide bei Berlin ist die Jagd oft mit Politik verbunden. Hier in Waldesruh bin ich mit der Natur verbunden und ich geniesse es hier zu sein, auch wenn es nur ein paar Tage ist.

Der Bärenwirt macht wieder seine bekömmlichen Speckknödel und ich will mich mit dem Förster später am Lagerfeuer treffen. So muss ich nun schließen.

Das geheime Tagebuch von Kaiser Wilhelm – Schlußbemerkung

Mit dem neunten Teil endet das Tagebuch des Kaisers abrupt. In der Weltgeschichte kam es zum Deutsch-Französischem Krieg 1870/71, ihm folgten die sogenannten Gründerjahre mit der Errichtung des Deutschen Reiches und der Krönung von Wilhelm zum Deutschen Kaiser.

Wir können nicht belegen, dass Wilhelm nach dieser Zeit noch einmal in Waldesruh weilte. Selbst die Gästebücher des Bärenwirts geben keine Auskunft darüber. So müssen wir annehmen, dass das Jahr 1866 der letzte bekannte Aufenthalt des Kaisers in Waldesruh war.

Jedes Jahr zu Weihnachten ließ der Kaiser jedoch „seynen geliebten Waldesruhern“ Grüße und eine Summe von 1.000 Preussischen Talern überbringen. Diese Summe sollte der Ort ausdrücklich „zum Schutze und zum Gedeyhen der Waldesruher Gemeynschaft verwenden.

Am 9. März 1888 verschied Kaiser Wilhelm in Berlin. Als die Kunde von seinem Tod in Waldesruh ankam, trauerte der gesamte Ort. Kaiser Wilhelm zu Ehren wurde die große Eiche, unter der er so gern für sich allein saß, in Kaiser-Wilhelm-Eiche umbenannt.

„Geschichtsforscher werden die Tagebuchaufzeichnungen von Kaiser Wilhelm untersuchen und mit anderen bekannten Tatsachen übereinbringen. Ob dadurch die Geschichte neu geschrieben werden muss, das liegt nicht im Ermessen von uns Waldesruhern. Wir bewahren nur diese historischen Dokumente für die Nachwelt in einem gebührenden Rahmen auf.“ verkündet der Ortsvorsteher Egon Schulze in einem abschließendem Gespräch mit unserem Reporter Edgar Ente.