Sagenhaftes Waldesruh: Mathildes Geist

Sagenhaftes Waldesruh - schon immer war der beschauliche Ort inmitten der ursprünglichen Natur und des urwüchsigen Waldes auch ein Ort der Sagen und Märchen.

Mathildes Geist

Geschrieben von Edgar Ente

Dieser Beitrag wurde am 29.09.2023 aktualisiert.

Erstellt wurde er am 29.09.2015 .

Sagenhaftes Waldesruh: Mathildes Geist

Sagenhaftes Waldesruh – schon immer war der beschauliche Ort inmitten der ursprünglichen Natur und des urwüchsigen Waldes auch ein Ort der Sagen und Märchen.

Mathildes Geist

Wenn die Tage kürzer und kühler werden und die Nächte länger, dann kriechen in den frühen Morgenstunden Nebelschwaden nach Waldesruh hinab. Sie kommen von dort, wo der Wald am dichtesten ist und die Rufe der Nachtvögel am schaurigsten klingen.

Vor langer, sehr langer Zeit, als es noch viel mehr der wilden Tiere gab, als es heute gibt und wo das Land noch wenigen Herren gehörte, da war das Leben nicht längst so friedlich wie heute.

Aber es gab sie schon, die friedlichen Köhler aus Waldesruh, die fleißig Holz zu Kohle verbrannten. Durch ihre fleißige Arbeit, die oftmals hart war, versuchten sie ihre Frauen und Kinder mehr schlecht als recht zu ernähren. Leicht war es oft nicht. Es reichte gerade für das nötigste zum Leben.

Hinzu kamen noch die Abgaben für die vom König gepachteten kleinen Ländereien, auf denen die kärglichen Köhlerhütten standen. Wenn dann der Steuereintreiber des Königs kam, blieb oftmals nicht ein Brotkrumen für die leeren Mägen für die Köhlerskinder zurück.

Zu dieser Zeit lebte die Witwe Mathilde in Waldesruh, zusammen mit ihren fünf Kindern. Ihren Mann hatte Mathilde vor zwei Jahren beim Fällen eines Baumes verloren. Seitdem mußte Mathilde noch mehr arbeiten, um ihre Kinder ernähren zu können. Oftmals gingen ihr die beiden ältesten Söhne bei der schweren Köhlerarbeit zur Hand.

Mathilde liebte ihre Kinder sehr, wie nur eine Mutter ihre Kinder lieben konnte. Es kümmerte sie schwer, daß sie sie oftmals hungrig in den Schlaf schicken musste. Aber die wenigen Taler reichten gerade für das notwendigste und für die Pacht der kleinen Behausung.

Zumindest im Herbst konnten sie und ihre Kinder den kargen Speiseplan noch mit den Früchten des Waldes bereichern. So nutzte Mathilde auch die kleinen Pausen am Meiler, um einige Pilze für den Abend zu sammeln. Während des Sammelns entfernte sie sich weit von ihrem Meiler und  bemerkte nicht, wie eine kleine Flamme aus dem Meiler züngelte.

Ein erfahrener Köhler weiß, daß man offenes Feuer gleich ersticken sollte. Ein Meiler muß schwelen und darf nicht brennen, soll er gute Holzkohle hergeben. Mathilde war zwar erfahren in ihrem Handwerk, oftmals hatte sie ihrem Mann bei seinem Tagwerk zugeschaut. Doch nun war sie weit weg und bemerkte das offene Feuer nicht.

Erst als der Wind ihr den Geruch brennenden Holzes zutrug, ahnte sie schlimmes. Sie rannte zum Meiler – jedoch zu spät. Sie stand vor den Überresten der Glut, das Feuer hatte das Holz und die Holzkohle schon verzehrt. Die tagelange Arbeit war umsonst.

Bekümmert machte sich Mathilde auf den Heimweg, die Kinder warteten sicher hungrig zu Hause. Am nächsten Tag musste sie in aller Frühe den nächsten Meiler aufsetzen.

Jedoch am nächsten Morgen kam, früher als erwartet, der königliche Steuereintreiber vorbei. Mathilde aber konnte dieses Mal die Steuer nicht entrichten. Der Steuereintreiber kannte kein Erbarmen und ordnete an, daß Mathilde in den Steuerturm zu werfen sei.

Dort sollte sie solange bleiben, bis ihre Steuerschuld abbezahlt sei. Schliesslich habe sie noch Kinder, die bei ihr arbeiten könnten.

Die Kinder gaben sich Mühe und durch die Anleitung der anderen Köhler gewannen sie auch bald gute Holzkohle, die sie auch auf dem Markt der Nachbarstadt verkaufen konnten. Jedoch wollten die dortigen Händler nicht den gleichen Preis wie sonst zahlen. Schließlich waren sie ja noch Kinder. So dauerte es, bis die Kinder von Mathilde die vom König geforderte Summe erbringen konnten.

Während dieser Zeit saß Mathilde verzweifelt im Steuerturm und litt unter der Kälte und dem Hunger. Am meisten litt sie aber darunter, nicht bei ihren Kindern zu sein. Und so geschah es, daß ihr Geist sich aufmachte um die Kinder zu unterstützen.

Immer wenn die nebligen Schwaden zu den Kindern gekrochen kamen, war es der Geist von Mathilde, der den Kindern Mut zu sprach. Doch Mißerfolg reihte sich an Mißerfolg. Mathilde wurde mit der Zeit durch den kühlen und nassem Herbstwetter krank und erlag schliesslich ihrem Leiden.

Doch ihr Geist schaut auch heute noch nach ihren Kindern. Immer wenn die Tage kürzer und kühler werden und die Nächte länger, dann kriechen in den frühen Morgenstunden Nebelschwaden nach Waldesruh hinab. Das ist Mathildes geist, der nach ihren Kindern schaut.

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