Nachhaltigkeit beim Eurovision Song Contest in Lissabon

Grossveranstaltungen haben auch immer einen grossen Einfluss auf Land, Leute […]

Geschrieben von Torsten Berg

Dieser Beitrag wurde am 11.05.2022 aktualisiert.

Erstellt wurde er am 11.05.2018 .

Nachhaltigkeit beim Eurovision Song Contest in Lissabon

Grossveranstaltungen haben auch immer einen grossen Einfluss auf Land, Leute und Natur. Wie sieht es mit der Nachhaltigkeit beim Eurovision Song Contest in Lissabon aus?

Nachhaltigkeit beim Eurovision Song Contest in Lissabon

ALLABOARD! – auch in Sachen Nachhaltigkeit beim Eurovision Song Contest?

In Sachen Nachhaltigkeit beim Eurovision Song Contest waren Wien und Malmö einsame Vorreiter. Wien versuchte erstmals den ESC ökologisch korrekt auszurichten. Das hat auch mehr oder weniger funktioniert. Kiew dagegen war ein Rückschritt in diesen Belangen. Was macht Lissabon für einen umweltverträglichen Eurovision? Leider sind darüber nur wenige Fakten zu finden.

Das Motto in Lissbon lautet AllAboard! (Alle an Bord!). Der Claim soll zum Ausdruck bringen, dass alle Menschen aus Europa und der Welt über den Ozean miteinander verbunden sind. Außerdem soll er auf Lissabons Geschichte als Seefahrernation hinweisen – als wichtiges Zentrum vieler Meeres-Routen.

Nachhaltigkeit beim Eurovision Song Contest beschränkt sich hier auf Einzelinitiative

Positiv ist zu vermerken, dass als Veranstaltungsort das ehemalige EXPO-Gelände genutzt wird. Es brauchen also keinen neuen Flächen versiegelt zu werden und die vorhandene Infrastruktur wird sinnvoll genutzt. In der offiziellen Eurovision-APP (nur für Delegationen, Beschäftigte, Medien und akkredidierte Fans erhältlich) sind die Punkte Recycling und Nachhaltigkeit (sustainability) einzeln aufgeführt.

  • Nachhaltigkeit: Es wird ausgeführt, dass AllAboard! nicht nur das weltgrösste TV-Musik-Event ist, sondern auch als Mission zum Schutz der Ozeane, der Umwelt und der Erde bedeutet. Alle Teilnehmer sind angehalten, den Eurovision Song Contest zu einem nachhaltigen Wettbewerb zu machen. Als Möglichkeiten dazu werden u.a das Recycling von Wasserflaschen, das Sortieren von Abfällen in die einzelnen Müllbehälter, die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs oder das Rauchen nur in ausgezeichneten Bereichen aufgeführt.
  • Recycling: Es wird explizit auf die Mülltrennung hingewiesen. Dazu stehen Behälter für Plastik & Metall; für Papier und Pappen, für Glas und für Restmüll bereit.

Nachhaltigkeit beim Eurovision Song Contest in Lissabon

Ein Haufen Plastikmüll beim ESC in Lissabon

Soweit zur Theorie. In der Praxis sieht die Sache natürlich ganz anders aus. Als Anbieter für das Catering auf dem Eurovisionsgelände tritt das Unternehmen go natural auf. Go natural bietet zwar regionale und Bio-Produkte an. Jedoch nur in Einwegverpackungen. Diese sind zwar recycelbar, aber der Anfall an diesen Verpackungen und Verbundstoffen ist enorm. Alles ist in irgendwelchen Plastik- und Plastikverbundstoffen eingepackt.

Es stehen Getränkekühlschränke mit Wasserflaschen bereit. Diese Flaschen enthalten 0,33 l Inhalt und sind natürlich aus Plastik. Die Kaffeeautomaten liefern Kaffee in Verbundpappbechern und auch in Plastikbechern. Mit der Nachhaltigkeit sieht es hier also nicht wirklich gut aus.

Aus Sicherheitsgründen ist es leider verboten, Lebensmittel für den eigenen Bedarf und Mehrwegbecher oder Tassen selbst mitzubringen. Also besteht auch keine Möglichkeit, hier seinen ökologischen Fussabdruck zu verringern. Es sei denn, man fastet.

Das Wasser aus den Plastikflaschen gibt es zwar kostenlos. Jedoch bleiben die leeren Flaschen oft an Ort und Stelle liegen. Das ist zwar nicht die Schuld der Verantwortlichen vor Ort. Jedoch werden die leeren Flaschen leicht weggeweht und landen dann in der Umwelt. Das konnte man am blauen Teppich beobachten, der am Ufer des Tejo aufgebaut war. Die leeren Flaschen wurden in den Fluss hineingeweht und sind nun unterwegs in den Atlantischen Ozean. So ist auch der ESC in Lissabon mit dem Plastikteppich in den Meeren verbunden. AllAbroad!

Nachhaltigkeit beim Eurovision Song Contest in Lissabon

Lissabon ist auch im Minus beim öffentlichen Nahverkehr

In früheren Austragungsstädten des Eurovision Song Contest gab es die Möglichkeit für die Dauer des Wettbewerbs (immerhin zwei Wochen) die öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos zu benutzen. Dazu erhielt jeder Akkreditierte eine kostenlose Fahrkarte für das Verkehrsnetz. In Lissabon gibt es diese Möglichkeit nicht. Man muss also auf Auto und Taxi umsteigen oder für Bus und Bahn selbst zahlen. Auch in diesem Punkt ist Lissabon nicht an der Spitze der Nachhaltigkeit.

Zum Punkt Nachhaltigkeit habe ich mich per Mail bei RTP, dem verantwortlichen Fernsehsender, mit Fragen zur Nachhaltigkeit gewandt. Ich bin gespannt, wann ich eine Antwort erhalte. Zusammenfassend kann aber bereits jetzt gesagt werden, dass der Eurovision Song Contest in Lissabon in Sachen Nachhaltigkeit keine Krone gewinnen kann. Vieles könnte man ökologischer und nachhaltiger durchführen.

Hier wäre es wünschenswert, dass die EBU als Hauptverantwortlicher für den Eurovision Song Contest auch verstärkt die Nachhaltigkeit in ihren Regeln festschreibt. Für jede Veranstaltung sollte im Nachhinein ein Nachhaltigkeitsbericht erstellt werden. Nur für Wien liegt zur Zeit ein solcher Bericht vor.

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