Koniks und Heckrinder in der Cuxhavener Küstenheide

Mit der Cuxhavener Küstenheide erleben wir das grösste zusammenhängende Heidegebiet auf dem Festland an der deutschen Nordseeküste.

Geschrieben von Torsten Berg

Dieser Beitrag wurde am 29.09.2023 aktualisiert.

Erstellt wurde er am 29.09.2021 .

Koniks und Heckrinder in der Cuxhavener Küstenheide

Im Nordwesten des schönen Bundeslandes Niedersachsen besuchen wir Koniks und Heckrinder in der Küstenheide bei Cuxhaven. Mit der Cuxhavener Küstenheide erleben wir das grösste zusammenhängende Heidegebiet auf dem Festland an der deutschen Nordseeküste. Die Küstenheiden sind in Ausprägung und Ausdehnung einzigartig auf dem deutschen Festland.

Koniks und Heckrinder in der Cuxhavener Küstenheide - Blick vom Feldherrenhügel auf die Heidelandschaft

Geschichte der Cuxhavener Küstenheide

Zwischen den Ortsteilen Berensch und Duhnen reicht die Geestlandschaft mit einer Endmoräne bis direkt an das Wattenmeer heran. Hier bildet sie eine mehr oder weniger steile, bis sechs Meter hohe Abbruchkante. Ein Mosaik aus ausgedehnten Heiden aus Krähenbeeren und Besenheide hat sich hier im Laufe der Zeit herausgebildet. Weiterhin entwickelten sich hier Sandmagerrasen und Heidemoore. Auch bizarre Krattwälder entwickelten sich aufgrund der Nutzung der Landschaft. Mehr als zweihundert in Deutschland gefährdete Tier- und Pflanzenarten wurden in diesem Gebiet nachgewiesen. Seit Dezember 2004 sind ca. 900 Hektar der Cuxhavener Küstenheide als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Das Gebiet verfügt über ein beschildertes Wegenetz zum Wandern mit Informationstafeln, Beobachtungsplattformen und einem Lehrpfad. Ebenfalls gibt es ein ausgebautes Reitwegenetz, welches gut genutzt wird.

Die Landschaft hier ist durch menschliche Bewirtschaftung entstanden. Natürlicherweise würde hier ein Wald aus Eichen und Buchen die Landschaft bilden. Der Mensch aber liess hier seine Haustiere weiden und diese verhinderten so jede natürliche Wiederbewaldung. Die grosse Ausdehnung der Heiden setzte erst im Mittelalter ein. Der hohe Holzbedarf für den Schiff- und Deichbau, sowie für die Siedlungen, der “ewige” Roggenanbau und das bestehende Feudalsystem verursachten eine flächige Verödung der Landschaft. Jahrhunderte lang war das Leben in der Heide von Entbehrungen geprägt. Mit der Erfindung von Kunstdünger und Dampfmaschine wurde das Leben einfacher, jedoch verschwand auch immer mehr der Heidelandschaft für Ackerbau und Aufforstungen.

Hilfe für die Heide kam unerwartet durch das Militär. 1892 wurde das Gebiet zu einem militärischen Übungsgelände mit strategischer Bedeutung. Bis 2003 wurde die Cuxhavener Küstenheide militärisch genutzt. Die so nicht wirtschaftlich genutzten Flächen wurden nicht zu Acker oder Wald umfunktioniert. So konnten sich die heute seltenen Biotopstrukturen erhalten.

Koniks und Heckrinder in der Cuxhavener Küstenheide - das Gebiet wird von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt betreut

Wildpferde und Urrinder als Landschaftspfleger

Heute werden in der Cuxhavener Küstenheide Weidetiere als Landschaftspfleger eingesetzt. Man möchte hier generell die Landschaft offenhalten. Denn die Lebensräume der offenen Landschaft, die Heiden und Sandmagerrasen werden zunehmend seltener durch unsere Wirtschaftsweise. Ohne Beweidung würde hier über die Zeit wieder ein Waldgebiet entstehen. Im Bereich des ehemaligen Truppenübungsplatzes in der Altenwalder Heide werden dazu auch Wildpferde (Koniks), Heckrinder und Wisente eingesetzt. Diese grossen Säuger leben halbwild  in grossen eingezäunten Koppeln. Nur in Ausnahmefällen werden die Tiere durch die Betreuer zugefüttert. Besucher brauchen also keine Angst vor einer direkten Begegnung zu haben. Allerdings sind die Weidegehege auch so gross, dass man unter Umständen gar keine Tiere entdecken kann. Wir hatten am Wisentgehege leider in dieser Hinsicht Pech und sahen nicht einen einzigen Wisent.

Diese grossen Tiere sind natürlich eine der Hauptattraktionen in diesem Gebiet. In der Nähe der grossen Weidekoppeln befindet sich übrigens ein ausgebauter Parkplatz und man kann von dort direkt zu den Tieren spazieren. Für den kleinen Sonntagsspaziergang reicht das völlig aus. Wer mag, der kann natürlich auf einer ausgedehnten Wanderung auch das gesamte Heidegebiet entdecken. Neben den hier notwendigen und noch aus der Militärnutzung stammenden Wirtschaftswegen gibt es auch zahlreiche kleine verschlungene Pfade.

Koniks und Heckrinder in der Cuxhavener Küstenheide - die Koniks sind eine robuste und genügsame Pferderasse

Koniks – eine Ponyrasse aus Polen

Das Konik stammt ursprünglich aus dem mittel- und osteuropäischen Raum. Die Ponys sind sehr robust und werden heute vielfach in der Landschaftspflege eingesetzt. Leider handelt es sich nicht wirklich um ein Wildpferd. Genetisch soll es aber sehr eng mit dem Tarpan, dem ausgestorbenen europäischem Wildpferd, verwandt sein. Die Koniks sollen aus ehemaligen wildlebenden Pferdepopulationen stammen, die auch gejagt wurden. Ob es sich bei diesen Pferden um echte Wildpferde oder nur verwilderte Hauspferde handelte, ist auch heute noch unklar. Ein Teil dieser wildlebenden Tiere wurde im Gebiet von Zamość an regionale Bauern verteilt.

Durch die Armut der Bauern wurden die Pferde nur mit sehr wenig menschlicher Obhut gehalten. Dadurch blieben sie sehr robust und haben sich als Arbeits- und Zugpferde bewährt. Während der Weltkriege haben sie als Panjepferde eine wichtige Rolle beim Transport der Truppen gespielt. Aufgrund ihre Ursprünglichkeit stiessen die Koniks schnell auf das Interesse von Züchtungsforschern in Polen und auch in Deutschland. So versuchten sich auch die Brüder Heinz und Lutz Heck am Konik mit der Rückzüchtung des Tarpans. Als Ergebnis entstand das Heckpferd, welches dem Aussehen des ausgestorbenen Tarpans ähneln soll.

Koniks und Heckrinder in der Cuxhavener Küstenheide - das Heckrind soll dem Aussehen des Auerochsen ähneln

Heckrind – der neuzeitliche Auerochse

Heinz und Lutz Heck, beide leiteten damals die Tiergärten in Berlin und München, waren auch an der Entstehung des nach ihnen benannten Heckrindes beteiligt. Das Heckrind ist eine in den 1920er Jahren entstandene Hausrindrasse. Um den ausgestorbenen Auerochsen zumnidest vom Erscheinungsbild wieder auferstehen zu lassen, kreuzten die beiden Hecks verschiedene alte Hausrindrassen. So entstanden im Zuge der Abbildzüchtung die heutigen Heckrinder. Bis heute wurden durch den Verein zur Förderung des Auerochsen e.V.  zwar Zuchtziele für das Heckrind aufgestellt. Mit diesen soll die Zucht am Aussehen des Auerochsen ausgerichtet werden. In der Realität weicht das Heckrind bis heute jedoch mehr oder weniger weit vom wirklichen Aussehen des auch Ur genannten Wildrindes ab.

Heckrinder kommen auch ohne menschliches Eingreifen in der Natur zurecht. Nur in Ausnahmefällen muss in harten Wintern zugefüttert werden. Interessant wird das Verhalten der Rinder werden, wenn diese vermehrt auf den Druck grosser Raubtiere treffen. In Deutschland dürfte das mit Blick auf den Wolf zutreffen.

Aktuell dürfte es wohl 2.000 bis 3.000 Heckrinder geben, die in der Landschaftspflege, in der Viehhaltung oder in Tiergärten leben.

Koniks und Heckrinder in der Cuxhavener Küstenheide - der Wisent war fast ausgestorben und lebt heute auch wieder frei und wild in Deutschland

Der Wisent – das eigentliche Wildrind

Neben dem Heckrind kann man in den Cuxhavener Küstenheide auch dem Wisent wieder begegnen. Als wir vor Ort waren, hielten sich diese Wildrinder anscheinend tief versteckt im Wald auf. Die Fotoaufnahmen sind im Wisentgehege Springe entstanden. Der Wisent ist das einzige heute noch lebende Wildrind Europas. Bis in das späte Mittelalter durchstreifte er die Wälder und Landschaften in ganz Europa. In den 1920 Jahren war er akut vom Aussterben bedroht. 1927 wurde der letzte freilebende Wisent im Kaukasus erschossen. Von der ganzen Art lebten ab diesem Zeitpunkt nur noch zwölf (12!) Tiere in Zoos und Tiergärten.

Durch ein engagiertes und kluges Zuchtprogramm gelang es aber, diese Wildrindart zu erhalten. Das ist unter anderem auch ein Grund, weshalb ich zoologische Einrichtungen nicht ablehne. Seit den 1950er Jahren leben in Weissrussland und in Ostpolen wieder freilebende Wisentherden. In anderen europäischen Ländern, wie der Ukraine seit 1998 (Tschernobylregion), Litauen, Russland und der Slowakei (2004) wurden Wisente wieder ausgewildert. Auch in Deutschland existiert seit 2013 eine wildlebende Herde im Rothaargebirge. Weitere Gebiete in Deutschland sind für eine etwaige Wiederansiedlung  im Gespräch – unter anderen auch der Harz.

Auch die Zuwanderung wird zukünftig eine Rolle für die neue Wildnis in Deutschland spielen. Ähnlich wie bei Wolf und Elch wird auch der Wisent vermehrt zu uns einwandern. 2017 wanderte ein Wisent aus Polen über die Oder ein. Leider wurde das Tier nur zwei Stunden nach dem Grenzübertritt aus fadenscheinigen Gründen erschossen.

Konik, Heckrind und Wisent – diese Tiere spielten für uns Menschen schon seit Anbeginn unserer Zeiten eine grosse Rolle. Das wissen wir unter anderem aus Höhlenzeichnung, wie die in Lascaux, die uns die damals lebenden Menschen hinterlassen haben.

Bist du diesen Tieren schon einmal in unserer Landschaft begegnet? Wenn ja, wo war das? Und meinst du, ob wir als Menschen mit diesen Tieren weiterhin gemeinsam leben können? Hinterlasse mir deine Gedanken doch in den Kommentaren! Ich würde mich freuen!

Übrigens: in der Nachbarschaft der Cuxhavener Küstenheide findest du den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, einem der HotSpots für den Vogelzug.

 

Kommentieren, Anregen und Diskutieren

  1. Ullrich Altmann 30. September 2021 at 10:26 - Reply

    Deine Beiträge sind immer wieder lehrreich – ich stelle mir vor, dass Dir das mehrfache Freude bereitet: Das wandern durch die Natur, Beobachtung und Fotografie und die anschließende Vertiefung schöner Eindrücke durch das Teilen von Wissenswertem. Für dieses Engagement empfinde ich Hochachtung.

    • Torsten Berg 1. Oktober 2021 at 7:39 - Reply

      Moin Ullrich,

      vielen lieben Dank für deinen Kommentar. Darauf zu antworten ist teils einfach, teils schwer. Ja, ich habe Freude daran, das alles zu machen. Das Erleben gibt mir persönlich den Ausgleich zum Stress im Alltag und im Büro. Andererseits möchte ich mit meinen Fotos, meinen Beiträgen und meinen Gefühlen dem Betrachter und Leser die Faszination unserer schönen Natur und unseres Lebens vor Augen führen. Toll wäre es, wenn viele dann denken: „Mensch, da ist etwas, das lohnt sich zu schützen!“. Genau das ist meine Vision und diese möchte ich verbreiten. In meinen Bildern, auf meinem Blog und überall sonst.

      Beste Grüsse

      Torsten