Faszinierende Vogelbeobachtungen beim Vogelzug
Herbstzeit ist auch die Zeit vom Vogelzug, eben Zugvogelzeit. Dann fliegen wieder viele Vogelarten aus ihren Brutgebieten in ihre Überwinterungsgebiete. Jährlich sind weltweit geschätzt 50 Milliarden Zugvögel unterwegs. Etwa fünf Milliarden von ihnen allein zwischen Europa und Afrika. Natur kennt keine Grenzen! Die Zugvögel zeigen uns das am eindrucksvollsten.
Der Vogelzug ist ein tolles Naturerlebnis!
Schon als Kind war der Vogelzug für mich eine der aufregendsten Zeiten im Jahr. Jedes Jahr erwartete ich im Frühling mit Spannung die Weißstörche auf dem Hof der Großeltern. Und jedes Jahr war ich fast ein bisschen traurig, dass diese Vögel uns im Herbst verlassen würden. Wie mit den Störchen war es auch mit den Rauch- und Mehlschwalben, den Mauerseglern, dem Kuckuck, Star oder dem Kiebitz. Über den Winter wurde sich dann am Futterhaus über die Zeit getröstet. Denn zu den daheimgebliebenen Vögeln kamen aus anderen Gebieten neue Gäste hinzu.
Zwar fehlte mir als Kind ein ornithologisch versiertes Elternteil. Ohne Zweifel hätte ich dann viele Arten schon eher kennengelernt. Meiner Freude an der Naturentdeckung tat dieser Umstand aber keinen Abbruch. Umso mehr mussten Bücher, Tierfilme, Museen und Tierparks herhalten. Erst später lernte ich eine Gruppe Naturschützer kennen. Von den heutigen Möglichkeiten der Wissensvermittlung in Sachen Natur konnte man vor fünfzig vierzig Jahren nur träumen.
Aktuell sind die ersten Vögel wie die Mauersegler oder auch die Weißstörche schon auf dem Weg Richtung Süden. Andere Arten sammeln sich zur Zeit zu großen Schwärmen, um ihre Reise erst noch anzutreten. Vielfach fallen dem aufmerksamen Betrachter die großen Schwärme an Staren auf, die man nun auf den Wiesen sehen kann. Man hört die Rufe der Gänse und Kraniche am Himmel. Andere Vogelarten, wie beispielsweise das Rotkehlchen oder der Kuckuck unternehmen den Vogelzug als Einzelvögel eher heimlich.
Starke Leistungen beim Vogelzug
Die Leistungen der Vögel beim Vogelzug lassen mich immer noch jedes Mal erstaunen. Nicht nur die körperlichen. Vergleicht man Vögel und unsere (sogenannte) hochentwickelte Spezies miteinander, wird schnell klar, dass die Vögel mehr leisten können, als wir. Die meisten Vögel in Europa wandern in Höhen von bis zu 1.000 Metern. Peter Berthold (ehemaliger Leiter der Vogelwarte Radolfzell) berichtet von Schwänen, die in 8.000 Metern Höhe geflogen sind. Zugvögel, die über den Himalaja fliegen, müssen sogar Höhen bis zu 10.000 Metern erreichen. Und das machen de Vögel ohne moderne Hilfsmittel oder Maschinen!
Die meisten Vogelarten wandern in der Nacht. Speziell für die Leichtgewichte unter den Vögel ist der Nachtzug energiesparender, weil sie sich nicht der Hitze und den dadurch verursachten Luftturbulenzen aussetzen müssen. Grosse und schwere Vögel bevorzugen die bessere Thermik am Tage. Sie lassen sich durch die wärmeren Luftmassen nach oben tragen und segeln dann in die gewünschte Zugrichtung. Oftmals nutzen sie dabei auch die bekannte V-Formation, die wir dann am Himmel sehen und auch hören können.
Die zurückgelegten Strecken lassen sich dabei auch sehen. 2007 wurde die Pfuhlschnepfe E7 erfasst, wie sie ihren 11.500 Kilometer langen Flug von Alaska nach Neuseeland nonstop durchgeflogen ist. Schafft das überhaupt ein modernes Flugzeug?
Selbst wie die Vögel sich auf ihrem Zug orientieren ist unserer Wissenschaft noch nicht vollständig bekannt. Vor allem scheinen sie hier ihren „inneren Kompass“ zu benutzen. Der ist wahrscheinlich die Folge eines Magnetsinnes. Die Vögel orientieren sich dabei am Magnetfeld der Erde. Wird das Magnetfeld durch Elektrosmog im Frequenzbereich von zwei Kilohertz bis fünf Megahertz (normale Haushaltsgeräte) gestört, verlieren die Vögel in diesem Bereich die Orientierung. Entfernen sie sich allerdings aus diesem Gebiet, können sie sich wieder problemlos zurecht finden. Auch am Stand der Sonne, den Sternen und auch an Landmarken sollen sich die Vögel orientieren.
Seit Jahrzehnten schon wird der Vogelzug intensiv erforscht. Immer noch werden Vögel beringt, um die Zugrouten weiter zu verfolgen. Mehr und mehr wird aber auch die Digitalisierung zur Forschung genutzt. Teilweise kann die Reise der besenderten Tiere auch für den wissenschaftlichen Laien online nachverfolgt werden.
Was sind eigentlich Zugvögel?
Als Zugvogel wird eine Vogelart bezeichnet, wenn sie die verschiedenen Jahreszeiten an unterschiedlichen Orten verbringt. Zieht nur ein Teil einer Vogelpopulation, bezeichnet man diese Arten als Teilzieher. Strichvögel sind Vögel, die im Winter ihr Brutgebiet verlassen, aber in denselben Breiten bleiben. Vögel, die nicht zu den Zugvögeln gehören, bezeichnen wir als Standvögel.
Zugvögel werden unterteilt in Langstrecken-, Mittelstrecken- und Kurzstreckenzieher. Der bei uns bekannteste Kurzstreckenzieher ist wohl das Rotkehlchen. Die Mehrzahl der mitteleuropäischen Rotkehlchen verbringt den Winter in Südeuropa. In unseren Breiten sind dann eher die Rotkehlchen aus Nord- und Nordosteuropa anzutreffen. Die Winterquartiere der meisten Kurzstreckenzieher liegen meistens nicht weiter als 2.000 Kilometer vom Brutgebiet entfernt. Der Kurzstreckenzug wird auch eher von klimatischen als von genetischen Faktoren ausgelöst.
Langstreckenzieher sind dagegen genetisch auf ihr Zugverhalten „programmiert“. Ihre Überwinterungsgebiete liegen in der Regel mehr als 4.000 Kilometer entfernt. Für unsere mitteleuropäischen Arten liegen diese Gebiete südlich der Sahara bis hinunter nach Südafrika. Der extremste Langstreckenzieher ist aber wohl die Küstenseeschwalbe. Jedes Jahr legt sie die Strecke aus ihrem Brutgebiet in der Arktis in ihr Überwinterungsquartier in der Antarktis zurück. Und das natürlich jedes Jahr 2 Mal! Typische Langstreckenzieher aus unseren Breiten sind Weißstörche, Rauchschwalben und Mauersegler.
Irgendwo dazwischen liegen die Mittelstreckenzieher. Dabei sind die Übergänge fliessend. Meistens ziehen Mittelstreckenzieher in zahlreichen Etappen zum Ziel. Viele Drosselarten gehören zu dieser Gruppe von Zugvögeln.
Ein Zug voller Gefahren
So romantisch wie sich die Reise der Vögel anhört ist der Vogelzug aber nicht. Viele Gefahren lauern auf die Flieger. Nicht nur natürliche Hindernisse wie Sturm oder Gewitter müssen die Reisenden überstehen. Gebirgszüge müssen passiert und lebensfeindliche Gebiete wie Sandwüsten oder Meere überquert werden.
Auch der Mensch wird den ziehenden Vögeln zur Gefahr. Rund um das Mittelmeer wird Singvogelfang in grossen Stil betrieben. Die 700 Kilometer lange Küste von Ägypten ist fast vollständig mit illegalen Fangnetzen versehen. Hier verfangen sich nach dem kräftezehrenden Flug über das Mittelmeer Millionen von Zugvögel und werden als Delikatessen auf den Märkten verkauft. Aber auch in EU-Ländern ist heute die Vogeljagd immer noch ein Thema. Malta hat zwar nach dem EU-Beitritt 2004 die Vogeljagd offiziell verboten. Dennoch wird sie heute noch – auch mit behördlichem Nichtstun – geduldet.
Aber auch in Deutschland lauern Gefahren. Ungeschützte Hochspannungsleitungen, die Invasion der Windkraftanlagen und Nahrungsmangel setzen den Zugvögeln zu. Hinzu kommen dann natürlich noch die vielen Menschen, die in der Natur Ruhe und Erholung suchen und auch mal ein paar Tiere „gucken wollen“. Ich habe nichts gegen Menschen, die sich für die Natur interessieren und die sich unter Einhaltung der normalen Umgangsformen in der Natur bewegen. Aber es gibt ja noch jene, denen anscheinend alles ausser ihrem eigenen ICH egal ist.
Aufgrund des Klimawandels verändert sich heute schon das Zugverhalten. Immer mehr Vögel überwintern nun auch in Mitteleuropa. Einige Starenpopulationen haben ihren Zugweg bereits umgekehrt und überwintern in nördlichen grossen Städten. Hier in den Städten finden sie auch im Winter ein ausreichendes Nahrungsangebot.
Wo kann ich den Vogelzug beobachten?
Pauschal gesagt, kann der Vogelzug überall beobachtet werden. Dazu muss man nur mit offenen Augen und Ohren durch die Natur gehen. Gerade im Herbst fallen viele Gruppen von Vögel auf, die beim Näherkommen plötzlich aus dem Gebüsch auffliegen. Oder die Vögel sitzen aufgereiht auf einem Zaun oder Stromdraht. Grosse Vögel wie Enten, Störche und Kraniche machen mit lauten Rufen auf sich aufmerksam. Dann blickt man nach oben und entdeckt die bekannte V-Formation.
Während des Zuges steuern viele Vögel Ratsgebiete an. Diese sind wichtig, weil die Vögel an diesen Orten Pausen einlegen und neue Kräfte sammeln können für ihren weiteren Zug. Ein solches Gebiet ist zum Beispiel der Park links der Weser in Bremen. Hier in der Nähe der Stadt kann man leicht einige Entdeckungen machen. Gerade die großen und bekannten Vogelarten wie die Graugans kann man wunderbar beobachten. Vielleicht kennst du in deiner Stadt auch solche kleine Parks oder Naturschutzgebiete?
In den großen Flußauen oder aber auch an den norddeutschen Küsten kann man besonders gut rastende Wasservögel sehen. Ein markanter Anziehungspunkt für viele der Zugvögel ist das Wattenmeer, welches zur Zugzeit Millionen von Wat- und anderen Wasservögeln beherbergt. Mit den Zugvogeltagen im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer wird mittlerweile jedes Jahr mit vielfältigen Angeboten über den Vogelzug informiert.
Was benötige ich zum Beobachten?
Bei der Beobachtung empfiehlt es sich ein Fernglas mitzunehmen. An vielen Beobachtungspunkten, die betreut werden, gibt es mittlerweile auch Spektive und Ferngläser zur Mitbenutzung – gerade bei den Zugvogeltagen. Wenn man allerdings auf eigene Faust im Gelände unterwegs ist, kann es schon verdriesslich sein, wenn man kein Fernglas dabei hat.
Für die Fotografen empfehle ich auf alle Fälle ein Tele(zoom)objektiv. Ich selbst fotografiere gern mit dem TAMRON SP 150-600mm F/5-6.3 Di VC USD* (Werbung, weil Marken- und Produktnennung). Ein stabiles Stativ ist von Vorteil. Ich benutze mittlerweile gern für solche Fototouren, an denen ich viel unterwegs bin, ein Einbeinstativ. Mir gefällt dabei, dass ich schneller den Ort wechseln und die Kamera schneller drehen kann. Zudem ist das Fotografieren damit nicht so ermüdend wie im Freihandbetrieb.
Dass die rastenden Tiere bei der Beobachtung nicht gestört werden sollte sich für den Naturfreund von selbst verstehen. Dazu gehört auch, möglichst unauffällige Kleidung zu tragen. Wer in roter oder gelber Outdoorjacke hinter einer Gruppe von Vögel hinterher rennt, der hat meiner Meinung nach nichts in der Natur zu suchen.
Wetterfest sollte die Kleidung sein, vor allem im Herbst kann es bei windigem und feuchtem Wetter schon recht ungemütlich werden. Aber wie gesagt – bitte nicht in irgendwelchen auffälligen Farben. Auch auf möglichst geräuschlose Kleidung sollte geachtet werden. Nichts ist schlimmer als Kleidung, bei jeder Bewegung raschelt oder von der ständig irgendwelche Teile im Wind wehen.
Spots für faszinierende Vogelbeobachtungen beim Vogelzug
Nicht nur die Wattenmeergebiete in Deutschland sind als Spots für phänomenale Vogelbeobachtungen geeignet. Hier habe ich ein paar Ideen (auch anderer Blogger) für euch aufgelistet:
- Kraniche in der Diepholzer Moorniederung
- Nationalpark Thy in Dänemark
- Birdwatching in der Bretagne
- Rieselfelder im Münsterland
- Ringelgänse auf Hallig Hooge
Marion berichtet auf ihrer Webseite escape-from-reality.de von ihrer Suche nach der Sort Sol. Den Ausdruck hörte ich damit auch zum ersten Mal. Darum möchte ich euch den Artikel empfehlen. Früher waren auch in unseren Breiten die grossen Starenschwärme ein Erlebnis.
Jetzt bist du dran! Hast du den Vogelzug schon einmal bewusst erlebt? Was war dein aufregendster Moment dabei? Welche besonderen Arten hast du schon beobachten können?
Überblick
Herbstzeit ist auch die Zeit vom Vogelzug, eben Zugvogelzeit. Dann fliegen wieder viele Vogelarten aus ihren Brutgebieten in ihre Überwinterungsgebiete. Jährlich sind weltweit geschätzt 50 Milliarden Zugvögel unterwegs.
Geschrieben von Torsten Berg
Dieser Beitrag wurde am 26.09.2023 aktualisiert.
Erstellt wurde er am 15.09.2020 .