Tolle Fahrradtour zum Tidebiotop in Niedervieland
Mit dem Fahrrad geht es für uns zum Tidebiotop in Niedervieland an der Weser entlang. Aus dem Stadgebiet Bremen hinaus geht es immer der Weser nach hinein in das Landschaftsschutzgebiet Niedervieland-Wiedbrok-Stromer Feldmark. Unterwegs können wir neben dem Wilden Bremen auch den Kontrast zwischen Natur, Industrie und Gewerbe erleben.
Fahrradtour zwischen Industrie und Natur
Unser Weg führt uns wieder ab unseren Ausgangspunkt durch den Park der Neustadtswallanlagen über die Woltmershausener Straße über den Stadtteil Pusdorf zum Weseruferpark. Hier im Bremer Südwesten gibt es nicht nur ein Naherholungsgebiet direkt an der Weser. Dieser Stadtteil ist auch heute noch von der Hafenwirtschaft und der Industrialisierung geprägt. Wir finden hier den steten Wandel von Industrie, Wohnen und Renaturierung. Vor dreissig Jahren war die Woltmerhshausener Straße noch als die längste Theke Bremens bekannt. Ganze 62 Kneipen hatten hier ihre Türen nicht nur für durstige Seeleute geöffnet.
Am Fluss können wir einen Blick auf das Gelände der ehemaligen Kelloggsfirma werfen. Bald wird sich in dieser Industriefläche ein weiteres modernes Wohnquartier – die Überseeinsel – erheben. Ich hatte die Gelegenheit, mich nach der Schliessung des Werkes auf dem Gelände von Kelloggs umzusehen. Hier kannst du den Bericht darüber lesen. Bereits heute gibt es anderweitige Nutzungen für das Gelände. Unter anderem wird auch Hopfen für die Bremer Unionsbrauerei hier angebaut.
Im Weseruferpark finden wir fast vier Kilometer lange Wanderwege. Hier in Rablinghausen entstand in den 1970er Jahren dieser 22 Hektar große Park. Angelegt wurde er auf den ehemaligen Spülfeldern, die beim Bau des Neustädter Hafens entstanden waren. Ein toller Sandstrand lädt zum Erholen und Baden ein. Ab und zu lassen sich sogar Seehunde hier beim Sonnebaden beobachten. Auch ein Schweinswal soll schon einmal hier gesichtet worden sein.
Schauen wir über die Weser an das andere Ufer, so sehen wir heute den immer noch neu entstehenden Stadtteil Überseestadt. Der alte Überseehafen der Stadt Bremen wurde immer weniger von den immer grösseren Schiffen angefahren. In den 1990er Jahren entschloss man sich, das gesamte Hafenbecken zuzuschütten und hier einen neuen Stadtteil auferstehen zu lassen.
Vorbei am, auch Mäuseturm genannten, Molenturn gelangen wir zum Lankenauer Höft. Als Ende der 1960er Jahre der Neustädter Hafen gebaut wurde, wurde hier an der Landzunge der Weser ein Radar- und Kontrollturm für das Bremer Hafenamt erbaut. 1979 wurde im Gebäude die Gastronomie „Lankenauer Höft“ eingerichtet. Bis zur Schliessung im Jahr 2016 war es ein beliebtes Ausflugsziel für viele Bremer Familien. Seit 2017 steht das Gebäude nun leer. Wollen wir nicht hoffen, dass daraus ein Lost Place in Bremen wird.
Vom Lankenauer Höft fahren wir am Lankenauer Yachthafen vorbei um das Betriebsgelände des Neustädter Hafens herum. Hier wird auch heute noch Stückgut umgeladen. Aber lange nicht mehr in solchen Mengen wie in den 1990er Jahren.
Unser Weg führt uns weiter entlang des Rablinghauser Vorfluters. Im Zuge des Baus der A281 wurden in diesem Bereich umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt. So entwickelte sich ab 2007 aus einen kanalartigem naturfernen Fleet mittlerweile ein richtiges Kleinod der Natur. Das eigentliche Gewässer wurde verbreitert und flache Uferbereiche angelegt. Die hier in den 1970er Jahren im Zuge der Entstehung des Neustädter Hafens angepflanzten Bestände von Hybridpappeln wurden aufgelichtet. Bis heute haben sich naturnahe Feldgehölze mit einer blütenreichen Krautflora entwickelt. Artenreiche Mähwiesen, aber auch nährstoffarme Sandmagerrasen wurden als weitere Lebensräume geschaffen.
Lost Places in Bremen
Bei der Umrundung des Hafengebietes kommen wir auch an der alten Zollabfertigung des Neustädter Hafens vorbei. Seit 2016 stehen die alten Bürogebäude leer und warten auf ihr weiteres Schicksal als Lost Places in Bremen. Sehenswert finde ich hier neben dem Gesamtensemble der Abfertigung auch das Relief an der Haupteingangstür. Hoffentlich wird dieses Kunstwerk erhalten bleiben.
Weiter fahren wir an Europas grössten Hochregallager vorbei. Dieses wird von der Bremer Lagerhausgesellschaft BLG betrieben. Vielleicht trifft man auf dem angrenzenden Deich eine Herde Schafe beim Weiden. Direkt im Anschluss passieren wir das Naturschutzgebiet Hochwasserschutzpolder. Auf den Überschwemmungsflächen vor dem Deich kann man mit etwas Glück auch Rehwild beobachten. Ursprünglich sollte diese Fläche als Erweiterung des Neustädter Hafens dienen. Glücklicherweise ist es dazu nicht gekommen. Denn, obwohl das NSG zwischen Industrieflächen eingezwängt ist, hat sich heute dennoch eine artenreiche Vogelwelt erhalten können. Nicht nur zu Zeiten des Vogelzuges können hier einige Seltenheiten beobachtet werden.
Hinter dem Deich des Hochwasserschutzpolders biegen wir ab direkt zum Fluss und fahren an Seehausen und Hasenbüren weiter die Weser hinab. Rechterhand haben wir den Fluss und kommen zum Stahlwerk Bremen. Hier auf unserer Seite der Weser wurde anscheinend extra für Fotografen eine Aussichtsplattform zur Hütte hin eingerichtet.
Im Tidebiotop in Niedervieland
Mittlerweile befinden wir uns im Landschaftsschutzgebiet (LSG) Niedervieland-Wiedbrok-Stromer Feldmark. Dieses LSG umfasst artenreiches, extensiv genutztes Grünland, Feucht- und Nassgrünwiesen, Gräben, Röhrichte Hochstaudenfluren und Magerrasen als verschiedene Lebensräume. Einer der typischen Lebesnräume hier ist das Tidenbiotop.
Auch wenn die Weser hier heute längst nicht mehr so frei fliessen darf, die durch Ebbe und Flut geprägten Lebensräume waren an der Weser an vielen Stellen vorhanden. Mit dem Ausbau der Schifffahrt wurden diese jedoch trockengelegt und auch die noch vorhandenen Altarme der Weser zugeschüttet. Im Zuge von Renaturierungsmassnahmen wurde das Tidenbiotop 1996 / 1997 angelegt. Seitdem haben sich hier durch die periodischen Überschwemmungen auch wieder auentypische Lebensräume entwickeln können.
Als eine der durchgeführten Ausgleichsmaßnahmen wurde der Sommerdeich an der tiefsten Stelle wieder geöffnet. Hier an dieser Furt kann der Tidenhub der Weser täglich hautnah miterlebt werden. Bei Ebbe ist der Rundweg im gesamten Vorder- und Hinterwerder komplett begehbar. Dann lässt sich auch die angelegte Furt durchqueren.
Bei Flut stehen hier grosse Teile der Wiesen unter Wasser. Dann kann der Rundweg natürlich hier auch nicht passiert werden. Anhand von Schautafeln wird unter anderem auch dieser Lebensraum der Tidegewässer erklärt. Neben den vorkommenden Vogelarten ist das Tidebiotop auch eine wichtige Kinderstube für heimische Fische aus der Weser. Hier können diese ungestört laichen. Die Jungfische finden in diesem ruhigen und nährstoffreichen Wasser sehr gute Lebensbedingungen.
Hinter dem Tidebitop erreichen wir das Sperrwerk Ochtum. Hier mündet die Ochtum in die Weser. Das Sperrwerk dient dem Hochwasserschutz auch einiger Teile von Bremen. Wir fahren Richtung Sandhausen die Stedinger Straße, später die Stromer Landstarße entlang. Ziel ist Spille, die Gastwirtschaft „Zur Ochtumbrücke“. Hier geniessen wir auf der Sonnenterrasse mit Blick auf den kleinen Nebenfluss der Weser ein kühles alkoholfreies Radler. Nebenbei kommen wir mit einer achtzigjährigen Rentnerin ins Gespräch. Sie erzählt uns einiges aus der Zeit, als sie hier mit ihrem Mann noch Segelboot gefahren ist. Spille ist übrigens auch für den guten Fisch bekannt, der hier auf der Speisekarte steht. Davon konnten wir uns bereits einige Male selbst überzeugen.
Nach unserer Pause radeln wir weiter den langen Jammer entlang durch Weiden und Grünflächen wieder Richtung Fluss. Hier im Grünland kann man oftmals Reiher, Störche und viele Greifvögel beobachten. Nicht umsonst geht durch das Niedervielandgebiet auch die Bremer Weisstorchroute. An der Weser kommen wir wieder auf unseren bereits bekannten Weg und fahren zurück in Richtung Neustadt. Unter anderem führt uns der Weg am Hakenburger See vorbei. Hier zwischen der Autobahn A281 und der Senator-Apelt-Straße befindet sich noch ein weiteres Kleinod der Natur. Zwar ist der See regelmässig vermüllt. Dennoch blüht hier zum Beispiel noch die Gelbe Teichmummel. Regelmässig ist der Graureiher beim Fischen anzutreffen. Auch dem Bisam begegnet man hier.
Die Tour bei Komoot
Bei Komoot kannst du unsere Tour zum Tidenbiotop digital nachvollziehen. Dort findest du auch weitere Fotos. Zum Nachfahren der Route kannst du sie auch als GPX herunterladen. Gern kannst du mir dort bei Komoot folgen! Ich würde mich freuen.
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Jetzt bist du dran! Welche Tipps hast du für Radtouren in das Wilde Bremen? Welches ist dein Lieblingsort hier? Von welchen Naturbegegnungen würdest du uns erzählen? Schreib doch dazu einfach ein Kommentar!
Bleibt gesund und immer wieder … auf zu neuen Abenteuern!
Überblick
Mit dem Fahrrad geht es für uns zum Tidebiotop in Niedervieland an der Weser entlang. Unterwegs können wir neben dem Wilden Bremen auch den Kontrast zwischen Natur, Industrie und Gewerbe erleben.
Geschrieben von Torsten Berg
Dieser Beitrag wurde zuletzt am 08.08.2023 aktualisiert.
Erstellt wurde er am 01.07.2020 .
Hallo Torsten, das ist ja wieder mal eine richtig schöne, nachvollziehbare Radwanderung. Und dass Du noch einen Link zu meinen Fotos der alten Zollabfertigung eingefügt hast … Dabei fiel mir auf, dass das von Dir erwähnte Relief ja in den letzten vier Jahren sowas von zugewachsen ist … Mir hat es jedenfalls Spaß gemacht, Deinen Tourenbericht zu lesen; er animiert zum Nachfahren. Einen (leisen) Kritikpunkt hätte ich aber dennoch: Auf meinem (kalibrierten) Monitor wirken einige der Fotos ein bisschen dunkel. Das tut der Lesefreude aber keinen Abbruch ;-) Liebe Grüße, Ullrich
Hallo Ullrich, im Winter ist das Relief wieder sichtbar. :-) Du hast Recht, auf anderen Monitoren erscheinen ein paar der Bilder zu dunkel .. das liegt wahrscheinlich daran, dass ich nicht am Schreibtisch wie sonst entwickelt habe …
Beste Grüsse und viel Spass beim Nachfahren.