Ein Alptraum für Europa

Der heutige Tag ist ein Alptraum für Europa. Dabei hatte […]

Geschrieben von Torsten Berg

Dieser Beitrag wurde am 25.02.2022 aktualisiert.

Erstellt wurde er am 24.02.2022 .

Ein Alptraum für Europa

Der heutige Tag ist ein Alptraum für Europa. Dabei hatte ich die Hoffnung, dass im neuen Jahrtausend mit dem Fall des Eiserne Vorhangs die Welt sich langsam zu einem besseren Ort entwickelt und die Menschheit die wirklich wichtigen Krisen in Angriff nehmen kann. Stattdessen überfällt Russland den völkerrechtlich anerkannten Staat der Ukraine. Und das auch noch mit Ansage.

Ein Alptraum für Europa

Die Welt schien ein besserer Ort zu werden

Mit vielen habe ich  seit Jahren gerechnet. Aber ich habe es mir nicht träumen lassen, dass ich nach den positiven Entwicklungen seit den 1990er Jahren nun doch noch einen Krieg mitten in Europa ansehen oder gar miterleben muss. In den 90ern war alles möglich. Die einzelnen Ländergrenzen waren offen, wir konnten reisen und brauchten uns eigentlich nur Gedanken um die Reisekasse zu machen. Mit der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Zusammenwachsen der Völker in Europa schien vieles möglich. Die EU wurde grösser, eine einheitliche europäische Währung etablierte sich. Nicht nur beim Eurovision Song Contest oder beim Fussball kamen einstmalige Feinde zusammen.

Ein Alptraum für Europa

„Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.“

(Artikel 2 Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen)

Zwar gab und gibt es noch vielerlei Differenzen. Denken wir an die Kriege im ehemaligen Jugoslawien oder auch an die Annektion der Krim, die Streitereien in der EU oder die Unabhängigkeitsbestrebungen auch in Teilen Westeuropas. Dennoch: die Welt schien auf einem Weg der Besserung. Vor dem Fall der Mauer konnte ich im Ostblock reisen, entdeckte Polen, die CSSR, war in Moskau und in Kiew.  Seit der politischen Wende in der DDR und im Osten Europas konnte und durfte ich dann auch in den Westen reisen. Während der Zeiten des jährlichen Eurovision Song Contest lernte ich Städte und Länder wie Istanbul, Lissabon, Baku, Tallinn oder Athen kennen. Schöne Urlaubstage verbrachte ich unter anderem in Frankreich, Spanien, Italien, Polen, der Ukraine oder Azerbaidschan. Jedes Mal brachte ich – egal, wohin mich meine Wege führten – neue und positive Erlebnisse, Bekanntschaften und Gedanken wieder mit nach Hause. Lies auch hier meine Gedanken: Europa ist für mich …

Ein Alptraum für Europa

Ein Alptraum für Europa

Der Traum von einer besseren Welt ist nun vorerst ausgeträumt. Die bisherige Friedensordnung ist mit dem Angriff aus Russland auf die Ukraine mit dem heutigen Tag vorbei. Wir müssen uns nun den Realitäten stellen. Dennoch möchte ich festhalten: es ist überwiegend Putins Krieg, nicht der des russischen Volkes. Die wenigsten Menschen wollen Krieg. 

Michael stellt in seinem Blog erkunde die welt zur aktuellen Situation die Frage:

Schrecklich, dass das Streben nach Macht und Reichtum schon seit Jahrhunderten die Menschheit begleiten. Wird es nicht langsam Zeit, darüber hinauszuwachsen?

Je nachdem, wie sich jetzt entschieden wird, stehen wir in Europa womöglich an der Grenze zu einem weiteren Weltkrieg. Ich hoffe sehr, dass die nächsten Tage nicht in der ultimativen Katastrophe enden werden. Fruchtbar, schrecklich und schockierend. Ich habe jedenfalls ein ungutes Gefühl.

Schon in meinem Beitrag Ein Vorschlag gegen die Corona-Panik! schrieb ich folgendes:

… man darf sich nicht irre machen lassen! Das Leben muss weiter gehen und es wird weiter gehen … Die Natur zeigt es uns doch, gerade jetzt im Frühling! Das Leben erwacht, die Blumen blühen, die Vögel singen und überall drängt sich neues Leben an das Licht.  …

“Die Welt braucht nicht noch mehr erfolgreiche Leute. Die Welt braucht mehr Friedensstifter, Heiler, Wiederhersteller, Geschichtenerzähler und Liebende aller Arten.”

Bewahren wir uns alle einen kühlen Kopf. Die wenigsten Menschen wollen Krieg. Das ist eine der Erfahrungen, die ich auf meinen Reisen und in der Heimat machen konnte.

[Update] Wie weiter?

Jetzt steht natürlich die Frage nach dem Wie weiter? auf dem Zettel. Ich bin kein Politiker. Ich möchte auch nicht alles Hin und Her aufdröseln. Dazu habe ich von den wirklichen Gründen zu wenig Ahnung. Aber ich Maße mir genügend Bildung und Erfahrung an, mir Gedanken darüber zu machen.

Was sollte also geschehen?

  • Die beschlossenen Sanktionen sind zügig umzusetzen. Es kann nicht angehen, dass vor einer Woche gesagt wird, es seien Sanktionen vorbereitet. Dan wird sich nach dem Beginn des Angriffes zusammengesetzt und beraten, was man umsetzen kann. Heute morgen höre ich im Radio, dass die Sanktionen heute Abend umgesetzt werden können. Hallo? Das sind zwei Tage, in denen Putin schon vor Kiew steht.
  • Unbedingte, schnelle und unkomplizierte humanitäre Hilfe! Hier sehe ich mit einem wunderbaren Gefühl, dass gerade Länder wie Polen, Ungarn und Rumänien handeln und ukrainische Flüchtlinge aufnehmen. In diesem Zusammenhang muss aber generell die europäische Flüchtlingspolitik endlich einmal geordnet werden.
  • Verschärfung der Sanktionen! Soviel Gas und Erdöl aufnehmen, solange Russland noch liefert. Die Bezahlung sollte aber auf ein Treuhandkonto erfolgen, auf das Putin und Russland momentan keinen Zugriff hat. Oder aktuell gar nicht bezahlen.
  • Eine möglichst umfassende Isolation von Russland. Es muss klar sein, dass kein Land der Welt etwas mit einem Aggressor zu tun haben will. Sicherlich, auch Putin hat Freunde. Aber diese Länder unterhalten auch Beziehungen zu den westlichen Demokratien. Aber wenn es bereits die UEFA schafft, das Endspiel der Champions League nicht in St. Petersburg stattfinden zu lassen, sollte es für alle anderen Institutionen auch nicht schwer fallen. Leider spielt die EBU zum Beispiel weiter ihre unpolitische Rolle. Lies hier: EBU plant derzeit keinen Ausschluss Russlands vom Eurovision Song Contest 2022 in Turin [Update] Auch die Formel 1 hat den im September geplanten Grand Prix von Sotschi abgesagt. Von der EBU noch nichts. Hingegen haben aber Finnland, Schweden, Dänemark und Litauen die EBU aufgerufen, Russland vom Wettbewerb zu suspendieren. Finnland zieht sogar in Betracht, seine Teilnahme zurückzuziehen, sollte es keinen Ausschluss geben. Es gibt Themen, bei denen kann man nicht unpolitisch bleiben! [Update 2] Endlich ist die EBU über ihren Schatten gesprungen. Russland wird für den diesjährigen Wettbewerb ausgeschlossen. Link: The European Broadcasting Union (EBU) has announced that no Russian act will participate in this year’s Eurovision Song Contest.
  • Eine breite Informationskampagne des russischen Volkes. Die Russen sind ein stolzes Volk mit einer langen Geschichte, schöner Kultur und atemberaubender Natur. Was wäre Russland für ein materiell und ideell reicheres Land, wenn man in die friedlichen Dinge investieren täte. Man sollte dem russischen Volk klar machen, dass es nicht ihr Krieg ist. Auch hier stimmen mich bereits die vielen Demonstrationen positiv, die gestern Abend in Russland trotz deren Verbote stattgefunden haben.
  • Schnellstens muss eine UNO-Resolution her. Dann mit internationalen Blauhelmtruppen sich als Friedensmission zwischen die Kriegsparteien stellen. Das funktioniert leider nur, wenn sich wirklich viele Länder einig sind und es ist zugegebenermaßen auch eine risikoreiche Option.

Das erklärte Kriegsziel von Putin ist die Beseitigung der aktuellen staatlichen Ordnung der Ukraine und Errichtung eines Vasallenstaates. Während der Rest der Welt noch debattiert, verrinnt die Zeit. Leider wird es so sein, dass die Ukraine geopfert wird. Die NATO, die übrigens auch nicht ganz unschuldig an der aktuellen Situation ist, die EU und auch die UNO sehen zu. Trotzdem bin ich aktuell froh, dass die NATO existiert. Ich bin im Kalten Krieg aufgewachsen, in der DDR, im Warschauer Pakt. Nur das gegenseitige Wettrüsten hat uns in Europa vor einem Krieg geschützt. Denn es war klar, ein dritter Weltkrieg wird nicht zu gewinnen sein. Und genauso klar war es, dass die alte BRD und auch die DDR Schauplatz für den Einsatz von Atomwaffen geworden wären.

Spätestens jetzt ist es an der Zeit, unsere Gedanken auch wieder auf unsere Verteidigung zu richten. Niemand weiss, was in den nächsten Tagen, Monaten oder Jahren geschehen wird. Es gibt ein Gedicht von Wilhelm Busch, welches wir im DDR-Schulunterricht lernen mussten:

Bewaffneter Friede

Ganz unverhofft auf einem Hügel
sind sich begegnet Fuchs und Igel.
Halt! rief der Fuchs, du Bösewicht!
Kennst du des Königs Order nicht!
Ist nicht der Friede längst verkündigt,
Und weißt du nicht, daß jeder sündigt,
der immer noch gerüstet geht!
Im Namen seiner Majestät,
komm her und übergib dein Fell!

Der Igel sprach: Nur nicht so schnell,
nur nicht so schnell!
Laß dir erst deine Zähne brechen,
dann wollen wir uns weitersprechen.
Und also bald macht er sich rund,
zeigt seinen dichten Stachelbund
und trotzt getrost der ganzen Welt,
bewaffnet, doch als Friedensheld.

Aktueller kann man diese Notwendigkeit unserer heutigen Zeit nicht schöner beschreiben. Die Überreste des alten Kalten Krieges findet man übrigens noch an vielen Plätzen in Deutschland, in Europa und der Welt.

Hier zum Beispiel …

… und wie die Welt nach einem Atomkrieg aussehen dürfte, habe ich in Tschernobyl erfahren können:

#standwithukraine – schöne Erinnerungen an die Ukraine

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