Grenzerfahrungen an der ehemaligen innerdeutsche Grenze- Grenzhus Schlagsdorf

Grenzerfahrungen an der ehemaligen innerdeutsche Grenze, wir besuchen das Grenzhus Schlagsdorf.

Geschrieben von Torsten Berg

Dieser Beitrag wurde am 19.03.2024 aktualisiert.

Erstellt wurde er am 19.03.2016 .

Grenzerfahrungen an der ehemaligen innerdeutsche Grenze- Grenzhus Schlagsdorf

Grenzerfahrungen an der ehemaligen innerdeutsche Grenze, wir besuchen das Grenzhus Schlagsdorf.  Nordwestmecklenburg ist mittlerweile nicht nur die Heimat von Nandus. Auch die ehemalige innerdeutsche Grenze verlief hier von 1945 bis 1989.

Grenzerfahrungen an der ehemaligen innerdeutschen Grenze- Grenzmuseum Grenzhus Schlagsdorf

Grenzerfahrungen an der ehemaligen innerdeutsche Grenze

Nach der Grenzöffnung am 09.11.1989 konnte in weiten Teilen der ehemaligen Grenzregionen der Abbau der Mauer und der Grenzanlagen nicht schnell genug erfolgen. Länger als der Abbau der Grenzanlagen dauerte die Einsicht, diesen Teil der deutschen Geschichte in angemessener Form als Erinnerung oder zur Mahnung zu bewahren. In Schlagsdorf beispielsweise 10 Jahre. 10 Jahre nach dem Fall der Mauer wurde hier das Grenzhus als Informationszentrum zur innerdeutschen Grenze eröffnet.

Für mich als 1971 Geborener war die Grenze schon immer ein Faktum. Zu diesem Zeitpunkt gab es zwei deutsche Staaten: die BRD und die DDR. Beide getrennt durch eine Grenze, wie es das Recht jeden einzelnen souveränen Staates auch noch heute ist. Hervorgegangen als Ergebnis vom Ende des 2. Weltkrieges, der von Deutschland ausging. Nur war diese Grenze nicht nur die Grenze zwischen zwei Staaten, sondern auch die Grenze zweier Systeme und Machtblöcke, die sich hier mitten in Europa gegenüber standen.

Ich hatte bis 1987/88 keine persönlichen Beziehungen zur Grenze. Für den Urlaub gab es Ziele in der DDR oder in Osteuropa, für den Rest der Welt Fernsehen und Bücher. Zu diesem Zeitpunkt reicht mir das auch aus. 1987 beendete ich die Schulzeit und begann meine Lehre zum Forstfacharbeiter / Mechanisator. Bei den zu diesem Zeitpunkt obligatorischen Musterungen für den Wehrdienst in der Nationalen Volksarmee tauchte dann plötzlich die Frage auf, wie es wäre, an der Grenze zu dienen. Draußen sein an der Natur – das war für mich ausschlaggebend. Ich wollte mich keineswegs bei den Panzern oder in anderen technischen Truppen wiederfinden.

Zur geplanten Einberufung war bereits abzusehen, daß es die NVA und auch die DDR nicht mehr lange geben wird. Die damaligen Feindbilder waren verschwunden. Ich sah keine Notwendigkeit mehr in einem Dienst in einer Armee. Stattdessen wurde ich einer der ersten Zivildienstleistenden der Noch-DDR. 1990, noch als die DDR bestand, erfolgte meine erste Reise in die Welt, die außerhalb von Deutschland hinter der Mauer lag: nach Italien.

Grenzerfahrungen an der ehemaligen innerdeutschen Grenze- Grenzmuseum Grenzhus Schlagsdorf

“Ohne Dinglichkeit, ohne Materialität ist Erinnerung nicht möglich.” – Hannah Arendt

Denkmäler und andere Bauwerke spiegeln immer die Zeit wieder, in der sie errichtet wurden. Manche zur Erinnerung, manche als Mahnmal, andere wiederum ursprünglich als Notwendigkeit der Geschichte errichtet und dann umfunktioniert.  Ohne Zeitzeugenberichte und ohne gegenständliche Anschauungsobjekte ist die Geschichte nur schwer begreif- und vermittelbar. Es kann noch soviel von Nichtbeteiligten erzählt oder in Büchern geschrieben werden, Geschichte wird erst durch Zeitzeugenberichte und Gegenstände wirklich erzählt. In der Ausstellung im Grenzhus Schlagsdorf ist dieses Miteinander von Anschauungsobjekten und Zeitzeugenberichten sehr gut gelungen. In mehreren Räumen kann man die Grenze sozusagen erfahren. Dabei werden auch immer Interviews mit Zeitzeugen zu den verschiedensten Bereichen, wie das Leben und die Versorgung im Sperrgebiet als Videodokumentation gezeigt. Fotos aus damaliger Zeit runden neben einigen Modellen die Ausstellung ab. Zusätzlich wird seit kurzer Zeit auch eine ständige Ausstellung über das Biosphärenreservat Schaalsee gezeigt.

In unmittelbarer Nähe des Museums sind im Außengelände in einer stillgelegten Kiesgrube modellhaft zusammengerückt Grenzsignal- und Sperrzaun, Beobachtungsturm und Grenzzaun I zu sehen. Der ca. 3,5 km lange Grenzparcours „Grenzwege Schlagsdorf. Lesezeichen in der Natur zur deutschen Teilung“ wurde 2012 entwickelt. Zwei unterschiedliche Wege führen vom Grenzhus zur ehemaligen Grenzlinie und bieten Einblicke in den Wandel der Landschaft im ehemaligen Grenzraum. Entlang der beiden Wegführungen erzählen 14 Stationen über historische Ereignisse, den Aufbau der Grenzsperranlagen sowie die Landschaft um den Mechower See.

Fotoimpressionen vom Grenzhus Schlagsdorf

Dieser Artikel erscheint innerhalb der Blogparade Bambooblog zum Thema „Grenzen“.

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